Sie unterhalten sich mit jemandem und – schwupps – zückt derjenige sein Handy. Fühlt sich doof an, oder? Das sogenannte Phubbing nervt nicht nur, es hat ernste Folgen.
»Papa, das mag ich nicht!« Obwohl sie erst zweieinhalb Jahre alt ist, ist ihre Zornesfalte zwischen den Augenbrauen ist schon recht ausgeprägt. Verschämt lege ich das Handy zur Seite. »Clara, ich wollte doch nur mal eben kurz ... die Wettervorhersage checken. Wirklich! Kein Insta, kein Whatsapp. Nur das Wetter. Denn, wenn’s regnet, dann gibt’s auch kein Schwimmbad, Clara.« Aber erklären Sie das mal einer Zweieinhalbjährigen …
Phubbing ist längst akzeptiert Die Missbilligung ist da und sie ist berechtigt: Ich habe meine Tochter Clara ›gephubbt‹. Ja, so heißt das. Dieses mittlerweile schon zehn Jahre alte Kofferwort vereint die Worte ›phone‹ (englisch für Telefon) und ›to snub‹ (brüskieren). Es meint das, was wir alle kennen und was nicht nur Clara nicht mag, sondern niemand: wenn jemand, mit dem wir uns gerade unterhalten, plötzlich das Handy zückt und einen nur noch wie Luft behandelt – ein Phänomen, das wir nicht nur privat, sondern auch im beruflichen Umfeld erleben.
Wie es auf andere wirkt, wenn wir ständig mit dem Handy beschäftigt sind, statt dem Gegenüber die ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken, ist uns oft nicht bewusst, aber das macht es nicht besser: Denn wer gephubbt wird, fühlt sich nicht wertgeschätzt, dafür ausgeschlossen und zurückgewiesen. Phubbing erhöht den psychologischen Stress.
Phubbing ist ansteckend
Vorformen davon gab es schon in der Prä-Smartphone-Ära. Das Klischeebild: Der ignorante Mann von einst haute, hinter einer Zeitung verborgen, am Frühstückstisch immer mal wieder ein »Hm« und ein »Aha« raus, während seine Frau versuchte, mit ihm Konversation zu betreiben. Der ignorante Mann von heute schaut auf sein Smartphone, während sie redet. Aber, Gleichberechtigung sei Dank, mittlerweile phubbt jeder jeden: Männer Frauen, Frauen Männer, Kinder Eltern und Eltern Kinder. Längst scheint Phubbing so zur Norm geworden zu sein, dass sich niemand mehr wirklich darüber empört.
Und Phubbing steckt an: »Das Ignorieren von Begleitern per Smartphone kann dazu führen, dass diese Verhaltensweise absichtlich oder unabsichtlich erwidert wird«, meinen Psychologen. Entweder aus Rache oder der ›Gephubbte‹ zückt das Handy auf der Suche nach jener Bestätigung und Akzeptanz auf Social Media, die er in der echten Welt nicht erfährt.
Phubbing ist ein Beziehungskiller
So ist Phubbing – surprise – ein echter Beziehungskiller: Je mehr Partner sich gegenseitig phubben, desto geringer ist die Zufriedenheit mit der Beziehung. Studien zeigen: Phubbing verursacht und verstärkt Konflikte, Eifersucht, soziale Ängste. Der Mangel an Vertrauen, Nähe und Intimität führe häufig auch dazu, dass phubbende Paare eine schlechtere Sexualität hätten, heißt es. Phubbing könne außerdem auf das Auftreten von Depressionen bei einem der Partner hindeuten.
Ganz besonders betroffen gemacht hat mich eine Studie, die einen direkten Zusammenhang zwischen elterlichem Phubben und depressiven Tendenzen bei ihren Kindern belegt.
Ich lade Clara ein, mit mir zusammen ein Video anzuschauen, von dem (unechten) Dinosaurier, den wir neulich im Zoo gesehen haben. Natürlich ist das Video ganz kurz, denn kleine Kinder sollen nicht auf Smartphones schauen. Auch wegen drohender Kurzsichtigkeit. Aber das ist eine andere Geschichte, die ein andermal erzählt werden will.
Tipps
- Seien Sie aufmerksam und höflich und legen Sie Ihr Handy weg, wenn Sie mit jemandem reden.
- Nutzen Sie das Handy im persönlichen Kontakt nur, wenn es absolut notwendig ist, andernfalls lassen Sie es lautlos in der Tasche.
- Müssen Sie dringend etwas am Handy erledigen, erklären Sie das Ihrem Gegenüber.