Aktuell fühlen sich mehr junge Menschen einsam als noch vor der Corona-Pandemie. Einsamkeit wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus, sie fördert aber auch extreme politische Einstellungen.
Die Corona-Pandemie hat Gefühle der Einsamkeit unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen verstärkt. Sie hat aber auch dazu beigetragen, dass über das Tabu-Thema Einsamkeit gesprochen wird: »Ich bin vor kurzem umgezogen und muss sagen: Ich fühl mich verdammt einsam«, klagt eine junge Frau im Internet. Eine andere postet: »Die meiste Einsamkeit erlebe ich, wenn ich mich ausgeschlossen fühle. […] Wenn ich andere Menschen sehe, die anscheinend verbunden sind, und ich stehe außen.«
Einsamer als vor der Pandemie
Die jüngsten Zahlen zur Häufigkeit in Deutschland stammen unter anderem aus der Bertelsmann-Studie »Wie einsam sind junge Erwachsene im Jahr 2024?«. Danach fühlen sich von über 2500 befragten jungen Menschen zwischen 16 und 30 Jahren 10 % stark und 35 % moderat einsam. Im Vergleich zur Pandemie sind die Werte zwar zurückgegangen, aber immer noch erschreckend hoch.
Das bestätigt auch eine Umfrage aus Nordrhein-Westfalen, die die Universitätsallianz Ruhr im Auftrag der Staatskanzlei NRW Ende 2023 durchführte: Der Anteil der über 2000 befragten Teens und jungen Erwachsenen, die moderat oder sehr einsam sind, liegt danach sogar bei über 50 %. »Die Zahlen deuten darauf hin, dass heute mehr Jugendliche und junge Erwachsene von Einsamkeit betroffen sind als vor der Pandemie«, sagt die Psychologin und Einsamkeitsforscherin Prof. Dr. Maike Luhmann, die mit ihrer Arbeitsgruppe an der Ruhr- Universität Bochum am Thema forscht: Einsamkeit sei zwar eine Erfahrung, die zum Leben dazugehöre, was man auch an den Zahlen zur moderaten Einsamkeit erkennen könne. »Aber aus starker Einsamkeit kommen viele nicht mehr alleine heraus«, so Luhmann.Aktuell fühlen sich mehr junge Menschen einsam als noch vor der Corona-Pandemie. Einsamkeit wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus, sie fördert aber auch extreme politische Einstellungen.
Aber aus starker Einsamkeit kommen viele nicht mehr alleine heraus
Die Corona-Pandemie hat Gefühle der Einsamkeit unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen verstärkt. Sie hat aber auch dazu beigetragen, dass über das Tabu-Thema Einsamkeit gesprochen wird: »Ich bin vor kurzem umgezogen und muss sagen: Ich fühl mich verdammt einsam«, klagt eine junge Frau im Internet. Eine andere postet: »Die meiste Einsamkeit erlebe ich, wenn ich mich ausgeschlossen fühle. […] Wenn ich andere Menschen sehe, die anscheinend verbunden sind, und ich stehe außen.«
Einsamer als vor der Pandemie
Die jüngsten Zahlen zur Häufigkeit in Deutschland stammen unter anderem aus der Bertelsmann-Studie »Wie einsam sind junge Erwachsene im Jahr 2024?«. Danach fühlen sich von über 2500 befragten jungen Menschen zwischen 16 und 30 Jahren 10 % stark und 35 % moderat einsam. Im Vergleich zur Pandemie sind die Werte zwar zurückgegangen, aber immer noch erschreckend hoch.
Das bestätigt auch eine Umfrage aus Nordrhein-Westfalen, die die Universitätsallianz Ruhr im Auftrag der Staatskanzlei NRW Ende 2023 durchführte: Der Anteil der über 2000 befragten Teens und jungen Erwachsenen, die moderat oder sehr einsam sind, liegt danach sogar bei über 50 %.
»Die Zahlen deuten darauf hin, dass heute mehr Jugendliche und junge Erwachsene von Einsamkeit betroffen sind als vor der Pandemie«, sagt die Psychologin und Einsamkeitsforscherin Prof. Dr. Maike Luhmann, die mit ihrer Arbeitsgruppe an der Ruhr- Universität Bochum am Thema forscht: Einsamkeit sei zwar eine Erfahrung, die zum Leben dazugehöre, was man auch an den Zahlen zur moderaten Einsamkeit erkennen könne. »Aber aus starker Einsamkeit kommen viele nicht mehr alleine heraus«, so Luhmann.
Soziale Isolation, Einsamkeit, Alleinsein
Einsamkeit dürfe nicht mit sozialer Isolation verwechselt werden, sagt Debora Brickau, die mit Maike Luhmann an der Ruhr-Uni Bochum am Thema forscht: »Man kann viele soziale Kontakte haben und sich trotzdem einsam fühlen.« Ebenso könne man sich mit wenigen Kontakten nicht einsam fühlen. Alleinsein werde häufig als etwas Positives erlebt. »Einsamkeit ist immer etwas emotional Negatives«, so Brickau.
Was die aktuellen Untersuchungen auch zeigen: Einsamkeit ist unterschiedlich verteilt. Mädchen und junge Frauen sind häufiger betroffen als ihre männlichen Altersgenossen. Geringe finanzielle Mittel erhöhen das Einsamkeitsrisiko ebenso wie geringe Bildung, ein Migrationshintergrund sowie das Leben in einer mittelgroßen Stadt.
Teufelskreis droht
Wenn sich Jugendliche einsam fühlen, geraten sie mitunter in einen Teufelskreis: Sie verbringen weniger Zeit mit Freunden oder beim Sport und mehr Zeit mit alleiniger Mediennutzung. Einige reagierten auf akute Einsamkeit mit Verhaltensweisen, die auf lange Sicht unwirksam oder sogar schädlich sein können, erklärt Luhmann: »Sie beschäftigten sich allein oder verdrängen die Einsamkeitsgefühle, was langfristig dazu führen kann, dass sie sich weiter isolieren und so ihre Einsamkeit verschärfen.«
Welche Faktoren es im Einzelnen sind, die Einsamkeit unter jungen Menschen fördern, ist Gegenstand der Forschung. Der kulturelle Wandel hin zur Individualisierung könnte eine Rolle spielen, wie auch der zunehmende Materialismus.
Wer in jungen Jahren einsam ist, bleibt häufig auch in höherem Alter einsam
Eine weitere Herausforderung ist die digitale Vernetzung. Angesichts der digitalen Formen des sozialen Miteinanders stehen ›echte‹ soziale Beziehungen »nicht immer oder nicht nur in der unmittelbaren Lebenswelt zur Verfügung, sondern müssen aktiv gesucht, ausgehandelt und individuell aufrechterhalten werden«, schreibt Severine Thomas vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Universität Hildesheim in einem Fachartikel.
Folgen von Einsamkeit
Sicher ist: Einsamkeit wirkt sich negativ auf die psychische und physische Gesundheit aus. Einsame Jugendliche zeigen häufig schlechtere Leistungen in der Schule und auch das Risiko für Erfolglosigkeit im Beruf ist höher, weiß Luhmann: »Wer in jungen Jahren einsam ist, bleibt häufig auch in höherem Alter einsam. « Umso wichtiger ist daher, Strategien zu entwickeln, die der Einsamkeit rechtzeitig entgegenwirken.
Der Soziologe Alexander Langenkamp von der Goethe-Universität Frankfurt forscht zu den gesellschaftspolitischen Folgen von Einsamkeit. Einsamkeit wirke sich als ein komplexes, schmerzhaftes Gefühl nicht nur auf die Gesundheit, das Denken und Verhalten aus. Es sei sozial ausgelöst, wirke aber wechselseitig auch auf die Gesellschaft zurück, erklärt Langenkamp auf der Jahrestagung des Ethikrates zum Thema ›Einsamkeit‹ im Juni 2024 in Berlin.
Gefahr für die Demokratie?
Einsamkeit könne zur Gefahr für die Demokratie werden, so der Soziologe. Denn Einsamkeit fördere das soziale Misstrauen. Einsame Menschen neigten eher zu extremen politischen Einstellungen und glaubten eher als nicht einsame an politische Verschwörungstheorien, stellt auch die Bertelsmann-Stiftung in ihrer aktuellen Studie fest: »Das heißt, ein hohes Ausmaß an Einsamkeit ist auch eine Gefahr für unsere Demokratie. «
Die Philosophin Hannah Arendt war eine der Ersten, die einen Zusammenhang zwischen Einsamkeit und politischem Extremismus herstellte: »Die Erfahrung, überhaupt nicht zur Welt zu gehören«, lasse einen Raum für Terror und Totalitarismus entstehen, schrieb Arendt bereits Anfang der 1970er Jahre.
In der Praxis sieht das heute so aus: Christian, 33 Jahre alt, schloss sich mit 15 Jahren der rechtsextremen Szene an. »Ich komme aus recht ärmlichen Verhältnissen «, schildert er seinen Lebensweg. Die Eltern waren getrennt, Christian und seine jüngere Schwester wuchsen beim Vater auf. Der wiederum war häufig auf Montage und die Kinder waren meist auf sich allein gestellt.
Einsamkeit hat als begünstigender Faktor für meine Radikalisierung, den Rechtsextremismus, schon eine bedeutende Rolle gespielt
Über eine Klassenkameradin bekommt er Kontakt zur rechtsextremen Szene. Er begegnet zum ersten Mal in seinem Leben Menschen, die sich scheinbar wirklich für ihn interessieren und ihn ernstnehmen. Im Nachhinein und nach seinem Ausstieg weiß er heute: »Einsamkeit hat als begünstigender Faktor für meine Radikalisierung, den Rechtsextremismus, schon eine bedeutende Rolle gespielt.« Jugendliche bräuchten »ältere Menschen, die ernsthaft mit ihnen umgehen, sie anleiten, auf Augenhöhe helfen, den Weg ins Erwachsenenalter zu gehen«, fasst Christian seine Erfahrungen mit den Personen in seinem Umfeld zusammen, die ihm geholfen haben, aus der Szene auszusteigen.
Mehr Aufklärung und Angebote
Es brauche jetzt mehr gezielte Maßnahmen zur Verringerung von Einsamkeit bei jungen Menschen, mehr Prävention, mehr Online-Beratung. Junge Menschen müssten dabei aktiv mit einbezogen werden, meint Anja Langness von der Bertelsmann-Stiftung.
Einsamkeit wird häufig als Problem einer einzelnen Person wahrgenommen. Dabei ist sie ein Phänomen, das die Gesellschaft durch Hürden am sozialen Miteinander, wie Armut, Diskriminierung, Mangel an Begegnungsmöglichkeiten und vieles andere, fördere, schreibt der Ethikrat.
Es müsse gezielte Kampagnen geben, die über Einsamkeit aufklären, Bewältigungsstrategien vorstellen und das Stigma verringern, das mit dem Thema Einsamkeit verknüpft ist. Risikogruppen müssten besonders in den Blick genommen werden. Im Internet, so auch auf den Webseiten des ›Kompetenznetz Einsamkeit‹, werden zahlreiche bundesweite Hilfsangebote und Projekte aufgelistet, wie zum Beispiel die Community ›Start with a Friend e. V.‹ für Menschen mit und ohne Flucht-/ Einwanderungserfahrung oder die App ›FriendsUp‹, die insbesondere jungen Frauen hilft, Freundinnen zu finden.