GVSG: nur ein erster Aufschlag?

Von Peter Thelen Lesezeit 2 Minuten
Symbolbild: Paragraph und Stethosko

Ursprünglich sollte das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) vor allem die Gesundheitsversorgung in den Kommunen fördern. Davon ist in dem Reformtorso, auf den sich die Fraktionen der zerbrochenen Ampel im Januar doch noch verständigen konnten, nichts mehr zu erkennen.

Es ist sicherlich kein Zufall, dass zu den übrig gebliebenen Reformelementen vor allem die von der Ärzteschaft seit Jahren gebetsmühlenartig geforderte Entbudgetierung der Hausarztvergütung gehört, zählen die Mediziner doch zur Wählerklientel der FDP. Im Dezember 2024 versuchte die FDP-Fraktion zunächst mit einem Antrag, der alle die Hausärzte betreffenden Regelungen des GSVG enthielt, noch mal Wind unter die Flügel des eigentlich schon abgeschriebenen Reformvorhabens zu blasen, und erntete damit nur Hohn von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Doch nach einem erneuten Versuch der parlamentarischen Geschäftsführerin der Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, gelang dann doch noch eine Verständigung. Das BMG wurde beauftragt, den konsentierten Reformtorso in einen Gesetzentwurf zu gießen. Dem verabschiedeten Gesetz sieht man an, dass es eilig zusammengestoppelt wurde.

Kritik der Ärzteschaft

So wurde die Kritik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die Neuregelung der Hausarztvergütung sei in der geplanten Form gar nicht umsetzbar und drohe zu einer Umverteilung innerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung (MGV) zulasten der Fachärzte zu führen, nicht aufgegriffen. Das sorgt nun für Unfrieden zwischen KBV und Hausärzteverband. Gemeinsam mit den Verbänden der Fach- und Kindermediziner appellierte dieser zuletzt an die KBV, sich einer konstruktiven Zusammenarbeit bei der Umsetzung durch die Selbstverwaltung nicht zu verweigern. Es sei doch klar, dass das GSVG nur der erste Aufschlag sein könne und mit der neuen Regierung die Entbudgetierung der Fachärzte folgen werde.

Die Krankenkassen wehren sich gegen das Narrativ, dass der Verzicht auf Honorardeckel das Mittel der Wahl sei, Versicherten sicherer und schneller zu einem Arzttermin zu verhelfen und den Hausarztmangel auf dem Land zu bekämpfen. Das Beispiel der Kinderärzte lässt grüßen. Hier sollte die 2023 erfolgte Sprengung des Honorardeckels dafür sorgen, dass Kinder schneller notwendige Versorgung erhalten. Seither seien aber weniger die Behandlungszahlen gestiegen als die Abrechnungssummen pro Behandlung, monieren die Kassenverbände. Ähnliches erwarten sie nun bei den Hausärzten. Grundsätzlich einverstanden sind sie nur mit der Umwandlung der quartalsweisen Chronikerpauschale in eine jährliche und der neuen Vorhaltepauschale, die aufwandsneutral umgesetzt werden sollen. Man darf gespannt sein, ob das gelingt.

Ohne Prüfrecht

Hohe Mehrkosten bei unsicheren Effekten für eine bessere Versorgung sind auch von einer weiteren Regelung zu erwarten, die es in den GSVG-Torso geschafft hat. Danach soll in Zukunft bei Patientinnen und Patienten, die in einem sozialpädagogischen Zentrum oder einem Medizinischen Behandlungszentrum für Erwachsene mit Behinderungen behandelt werden, die Erforderlichkeit eines Hilfsmittels als gegeben angenommen werden, wenn es von den dort tätigen Ärztinnen und Ärzten empfohlen wird. Damit entfällt das Prüfrecht der Krankenkassen und des Medizinischen Dienstes. Nur wenn die Anschaffung z. B. wegen einer Doppelversorgung offensichtlich unsinnig ist, soll ein Einspruch möglich sein. Der GKV-Spitzenverband befürchtet – bei allem gebührenden Respekt vor der Expertise der behandelnden Ärztinnen und Ärzte in spezialisierten Zentren –, dass es ohne das Prüfrecht in Zukunft zu Kostensteigerungen ohne medizinischen Zusatznutzen kommt, weil zum Beispiel wirtschaftliche Versorgungsalternativen nicht mehr geprüft werden oder teure Innovationen, deren Zusatznutzen noch gar nicht erwiesen ist, zum Einsatz kommen.

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