Der Zusammenhang zwischen Einsamkeit und einem erhöhten Risiko für das Auftreten psychischer Erkrankungen ist in Psychiatrie und Psychotherapie schon länger bekannt und wurde in Studien, Reviews und Metaanalysen bereits häufig untersucht.
Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie ist das Thema Einsamkeit auch gesamtgesellschaftlich stark in den Vordergrund gerückt. Über alle Bevölkerungsgruppen hinweg sind während der Pandemie die Belastungen durch Einsamkeit deutlich angestiegen, vor allem bei jüngeren Menschen und Frauen. Insbesondere, wenn Einsamkeit länger andauert bzw. chronifiziert, kann sie sich zu einem größeren Gesundheitsrisiko für psychische, aber auch körperliche Erkrankungen entwickeln.
Einsamkeit und psychische Erkrankungen
Die am häufigsten untersuchte psychische Erkrankung, die als Folge von Einsamkeit auftritt, ist die Depression. Zahlreiche Reviews und Metaanalysen zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen subjektiv empfundener Einsamkeit und dem späteren Auftreten einer Depression über die gesamte Lebensspanne hinweg. Einsamkeit gilt jedoch nicht nur als Risikofaktor für die Entstehung einer klinisch relevanten Depression, sie kann umgekehrt auch aus einer Depression resultieren. Denn depressive Symptome wie sozialer Rückzug, mangelndes Selbstwertgefühl und geringes Selbstvertrauen können subjektiv empfundene Einsamkeit hervorrufen und verstärken, was wiederum depressive Symptome festigen und die Remission einer Depression erschweren kann. Ohne professionelle Hilfe haben Betroffene oftmals Schwierigkeiten, diesen Kreislauf aus Einsamkeit, Depression und sozialem Rückzug selbstständig zu durchbrechen. Nach Zahlen der Deutschen Depressionshilfe fühlen sich 53% der Menschen, die gerade an einer Depression erkrankt sind, sehr einsam; in der Gesamtbevölkerung sind es nur etwa halb so viele (25%).
Auch für Angststörungen belegen Literaturreviews Zusammenhänge mit Einsamkeitserleben. Insbesondere für das Auftreten einer sozialen Phobie zeigte sich, dass Einsamkeit hier eine die Angst verstärkende Wirkung haben kann. Ebenso hängt das Auftreten allgemeiner Angstsymptome in allen Altersgruppen mit Einsamkeitserleben zusammen. Im Jugend- und Erwachsenenalter gibt es außerdem Zusammenhänge zwischen Einsamkeit und Abhängigkeitserkrankungen, wie beispielsweise Alkohol- oder Cannabiskonsumstörungen. Schwerere und länger bestehende Abhängigkeitserkrankungen gehen häufig mit Einsamkeit einher und Einsamkeit kann die Bewältigung einer Abhängigkeitserkrankung erschweren, insbesondere wenn Substanzgebrauch zur Bewältigung negativer Emotionen eingesetzt wird. Im höheren Lebensalter wurde Einsamkeit als ein Risikofaktor für die Entwicklung demenzieller Erkrankungen identifiziert. Studien zufolge haben ältere Personen, die sich einsam fühlen, ein bis zu 40 % erhöhtes Demenzrisiko.
Bewältigung von Einsamkeitsbelastung
Wenn die Belastung durch Einsamkeit so groß ist, dass eine klinisch relevante psychische Erkrankung entstanden ist, aus der Betroffene aus eigener Kraft nicht mehr herausfinden, wird professionelle Hilfe durch Ärztinnen und Ärzte oder Psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten nötig. Gruppenpsychotherapeutische Angebote, die zunehmend Verbreitung finden, erscheinen hier als besonders geeignete Interventionsformen, da sie allein schon durch den sozialen Charakter des Gruppensettings der Einsamkeit entgegenwirken. Auch Selbsthilfegruppen und andere niedrigschwellige Gruppenangebote können daher hilfreich sein. Die Teilnahme an einer Gruppe ermöglicht positive soziale Erfahrungen und vermittelt Gefühle der Zugehörigkeit. Die soziale Kompetenz der Teilnehmenden wird gestärkt, Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeitserleben werden verbessert. So kann neben der Bewältigung der psychischen Erkrankung gleichzeitig die Einsamkeitsbelastung durch den sozialen Austausch in der Gruppe reduziert werden, was sich wiederum positiv auf die Remission der psychischen Erkrankung auswirken kann.
Informationen zum Kompetenz-Centrum Psychiatrie und Psychotherapie unter https://www.kcpp-mv.de/