Lachen ist die beste Medizin … wirklich?

Von Jens Lubbadeh Lesezeit 2 Minuten
Junge lachende Frau

Lachyoga will sich die angeblich gesunden Effekte des Lachens zunutze machen. Was weiß die Wissenschaft?

Ein verregneter Sonntagmorgen Ende März in Berlin: Mit entsprechender Laune finde ich mich in der Bibliothek ein. Nicht zum Lesen, sondern zum Lachen bin ich hier.

Ich treffe auf eine Gruppe von etwa zehn Leuten. Manche sehen aus, als hätten sie wenig zu lachen. Andere, als würden sie nie etwas anderes tun. Das ist er also, der Lachclub Kreuzberg. Jeden Sonntag trifft er sich zum gemeinsamen Lachen. Seit 2006. Weil: Lachen ist gesund.

Ich bin nervös und muss auch noch gegen Scham kämpfen. Um uns herum sitzen Menschen, die Bücher lesen, die konzentriert und in Ruhe arbeiten wollen. Immerhin werden sie gewarnt: »Gleich beginnt das Lachyoga. Jeder ist eingeladen mitzulachen.« Niemand macht mit. Stattdessen: neugierige Augen, die an Laptopbildschirmen vorbeilugen.

Lachen, Atmen, Klatschen

Was dann folgt, ist definitiv eines der skurrilsten Dinge, die ich je getan habe. Nicht ganz so skurril wie die Geistheilerin auf Teneriffa, die meine krumme Wirbelsäule per Gedankenkraft begradigte. Auch nicht so skurril wie das yodaeske Orakel von Trier, das meiner einjährigen Tochter ein Kinderarzt-Studium in Schottland und mir ein langes Leben in Wohlstand prophezeite. Aber gut in der Top Ten. Wir lachen auf Kommando und es fällt mir leichter als gedacht, denn die Szenerie ist so absurd, dass ich wirklich lachen muss. Zwei Frauen leiten die Stunde an. Eine Minute lang wird unter abstrusen Vorstellungshilfen gelacht: Wir lachen uns ins Fäustchen, ha ha, wir lachen uns schief, ho ho, wir lachen nach Norden, hi hi, wir lachen nach Süden, he he. Dann folgt eine Atem- und Entspannungsübung. Dann wird geklatscht. Lachen, Atmen, Klatschen. Und wieder von vorne. Eine Stunde lang.

Lachyoga begann 1995

Ausgedacht hat sich die Lachtherapie der Mumbaier Arzt Madan Kataria 1995. Er war auf der Suche nach einer Anti-Stress-Therapie, erzählt Kataria auf Youtube. Irgendwo schreibt er beiläufig den altbekannten Spruch: Lachen ist die beste Medizin, und wundert sich, warum die Leute dann so wenig lachen. Warum also Lachen nicht therapeutisch nutzen? Er versucht, Leute für seine Idee zu gewinnen … und wird ausgelacht.

Mit seiner Frau und zwei Bekannten startet er den ersten Lachclub. »Wir erzählten uns im Park Witze. Die Leute liebten es.« Der Club wuchs. Aber irgendwann wurden die Witze negativer, die Leute drohten abzuspringen. Was tun? Kataria las in einem Buch, dass der Körper nicht unterscheiden könne zwischen unechtem und echtem Lachen. Das ist es, denkt er: »Fake it until you make it.« Bis heute die Grundidee des Lachyoga: Das Lachen mag nicht echt sein, wohl aber seine Effekte.

Fake it until you make it – dahinter steckt die Facial-Feedback-Hypothese, die auf Charles Darwin zurückgeht. Mimik allein kann Gefühl erzeugen. Ein berühmtes Experiment des Sozialpsychologen Fritz Strack aus den 80er Jahren verdeutlicht das: Probanden, die mit einem Stift zwischen den Zähnen Cartoons ansahen, fanden diese signifikant witziger als solche, die den Stift auch mit den Lippen hielten. Die Hypothese ist allerdings bis heute nicht unumstritten.

Studienergebnisse fehlen

Doch zurück zum Lachyoga. Ist Lachen nun wirklich die beste Medizin? In mehreren großen Metastudien wurden die versprochenen Effekte untersucht. Das Ergebnis ist ein klares ›Ja, aber‹. Ja, es könnte depressive Symptome, Angstzustände und Stress lindern. Aber: Es fehlt an gut gemachten Studien, die starke Evidenz für die versprochenen Effekte liefern.

Und wie geht’s mir nach der Stunde? Auf jeden Fall besser als vorher. Ich werde wiederkommen. Denn das ist das Schöne am Lachyoga: Man muss nichts üben, man muss nicht schwitzen, man muss nichts bezahlen und auch an nichts glauben. Man muss einfach nur lachen. Was kann daran schon verkehrt sein?

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