Wissenschaft mit Herz

Von Jens Lubbadeh Lesezeit 2 Minuten
Symbolbild: 3 Tabletten


Muss Wissenschaft immer bierernst sein? Keineswegs. Das zeigen die jährlich verliehenen Ig-Nobelpreise.

Stellen Sie sich das vor: Zwei Menschen treffen aufeinander, ihre Blicke verfangen sich, und unbemerkt von ihnen beginnen ihre Herzen im gleichen Takt zu schlagen. Poetisch, oder? Aber hier kommt die Wissenschaft ins Spiel: Forschende fanden heraus, dass sich die Herzfrequenzen zwischen frisch Verliebten tatsächlich angleichen. Was für eine Vorstellung: zwei Herzen, die sich bereits einig sind, während ihre Besitzer vermutlich noch überlegen, ob die Frisur sitzt oder das Deo hält. Romantik trifft Wissenschaft – eine Kombination seltener als das Lächeln im Gesicht eines Physikprofessors.

Die Herzens-Erkenntnis wurde 2022 mit dem Ig-Nobelpreis für Kardiologie (englischsprachiges Wortspiel: ignoble »unwürdig, schmachvoll, schändlich«) ausgezeichnet, dem satirischen Gegenentwurf des Nobelpreises. Der Ig-Nobel ist so etwas wie der kleine, freche Bruder des Nobelpreises. Auf Familienfeiern würde er immer die besten Witze reißen.

Romantik trifft harte Wıssenschaft

Der Ig-Nobelpreis hat etwas Erfrischendes und zeigt, dass Wissenschaft nicht immer bierernst sein muss, sondern erinnert daran, woran es im Wesen geht: den Kern der Natur zu verstehen. Die Forschung über die im Gleichklang schlagenden Herzen ist ein perfektes Beispiel dafür: Sie verbindet das Herzstück der Romantik – das Herz – mit harter Wissenschaft. Das Herz, der sprichwörtliche Sitz der Emotionen, manifestiert Liebe nicht nur im metaphorischen, sondern auch im buchstäblichen Sinne. Wissenschaft mit Poesie: Wer hätte jemals gedacht, dass der Sound eines EKG-Geräts zur Liebesarie würde?

Die Forschenden fanden außerdem heraus, dass dieses Phänomen nicht nur bei frisch Verliebten auftritt, sondern auch bei langjährig verheirateten Paaren – in guten wie in schlechten Zeiten. Das erklärt vielleicht, warum manche nach Jahren immer noch wie frisch verliebt wirken und andere sich ansehen, als hätten sie gerade eine saure Zitrone gelutscht. Es geht nicht nur um die großen Gesten oder die ausgesprochenen Worte, sondern auch um das, was im Verborgenen liegt – um die unbewusste, aber kraftvolle Verbindung zwischen zwei Herzen.

Erst Lachen, dann Nachdenken

Die jährlich an der Harvard-Universität in Cambridge verliehenen Ig-Nobelpreise werden oft auch als Anti-Nobelpreis bezeichnet. Ein paar Beispiele gefällig?

– Haben Menschen eigentlich in beiden Nasenlöchern gleich viele Nasenhaare? Um das herauszufinden, untersuchten die Preisträger des 2023-Medizin-Ig-Nobelpreises die Nasen zahlreicher Leichen. Untersuchungen an Lebenden wären vermutlich von keiner Ethik-Kommission dieser Welt genehmigt worden.

– Und wieder die Nase: Orgasmen verbessern die Nasenatmung genauso gut wie abschwellende Nasensprays. Diese mit dem Medizin-Ig-Nobelpreis 2021 gekrönte Erkenntnis ist hochrelevant, weil sie Millionen Abhängigen von in den Apotheken frei verkäuflichen Nasensprays endlich eine reelle Perspektive bietet, um von ihrer ›Droge‹ herunterzukommen.

– Guten Appetit: 2020 erhielten Forschende den Ig-Nobelpreis für Medizin für die Diagnose des bislang unbemerkt gebliebenen Syndroms der Misophonie: der Stress, den manche erleben, wenn sie die Kaugeräusche ihrer Mitmenschen hören.

Die Ig-Nobelpreise erinnern uns daran, dass hinter jedem trockenen Forschungsbericht ein Funke von Neugier und oft auch ein Hauch von Humor steckt. So lautet denn auch das Motto des Ig-Preiskomitees: Die Arbeiten sollen »erst zum Lachen, dann zum Nachdenken« anregen. Die Auszeichnung für die synchronisierenden Herzen ist dafür ein perfektes Beispiel. Sie zeigt uns, dass Wissenschaft auch das Herz berühren kann. Im wahrsten Sinne des Wortes.

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