Mehr Vielfalt auf dem Acker

Von Dorothee Buschhaus Lesezeit 2 Minuten
Traktor fährt übers Feld und verteilt großflächig Pestizide.

Biologisch, ökologisch, hochwertig, nachhaltig, gesund – wie kann die Landwirtschaft dem zunehmenden Bewusstsein für gesunde Lebensmittel gerecht werden?

Die Europäische Kommission gibt den Weg vor: Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen nur noch halb so viel Pestizide eingesetzt, Düngemittel um 20% reduziert und ein Viertel der Nutzflächen für die Öko-Landwirtschaft reserviert werden. Davon profitieren sollen Mensch, Umwelt und Natur. Können digitale Technologien helfen, die Vorgaben zu erfüllen?

»Digitale Technologien bieten sowohl konventionellen wie auch ökologisch wirtschaftenden Betrieben ein unglaubliches Potenzial, um effizienter zu arbeiten und gleichzeitig die Umwelt zu schützen«,

sagt Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer des Netzwerks Ackerbau Niedersachsen e.V. (NAN). Gemeinsam mit landwirtschaftlichen Betrieben, Verbänden, Unternehmen und Akteuren aus Politik und Forschung macht sich das Netzwerk für einen hochwertigen nachhaltigen Ackerbau stark, entwickelt innovative Konzepte und testet neue Technologien: »Wir handeln nicht allein aus der Perspektive des landwirtschaftlichen Betriebs , sondern aus der der gesamten Wertschöpfungskette. Denn das ist am Ende ja auch das, was die Verbraucher interessiert: Hat der Backweizen immer noch die bewährte Qualität, sind die Brötchen immer noch genauso lecker und gesund?«

Technologien im Test

Wo früher Zugpferde schweres Gerät übers Feld gezogen haben, rollen heute moderne Traktoren und könnten schon morgen immer mehr selbstfahrende Roboter die Arbeit übernehmen. So sind derzeit in Niedersachsen solarbetriebene, GPS-gesteuerte und autonom fahrende Hackroboter auf zahlreichen Zuckerrübenfeldern im Testeinsatz. Das Unkraut zwischen den Reihen, das bis dato im Ökolandbau oft in mühsamer Handarbeit gezupft und im konventionellen Landbau mit chemischer Spritze vernichtet wurde, hackt nun der Roboter weg – mechanisch und präzise. Für Hilmar von Münchhausen »eine chancenreiche Technologie auch mit Blick auf den Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft«.

Künstliche Intelligenz wird auch die Landwirtschaft immer mehr beeinflussen – KI und Kamerasensoren ermöglichen schon heute, per Drohne über ein Getreidefeld zu fliegen und zu detektieren: Wo ist viel und wo ist wenig Unkraut? Diese Informationen werden dann an die Spritze weitergeben mit dem Ziel, nicht mehr flächendeckend, sondern punktgenau chemische Pflanzenschutzmittel zu spritzen. Auch werden derzeit Bodensensoren entwickelt, die die Feuchtigkeit im Boden messen. »So kann der Zeitpunkt der Stickstoffdüngung viel besser festgelegt werden. Denn Stickstoff braucht ausreichende Bodenfeuchtigkeit, um effizient zu wirken«, erklärt Münchhausen.

Umdenken ist notwendig

Die Herausforderungen für die Landwirtschaft der Zukunft sind groß: Klimawandel und Umweltschutz, sich verändernde Märkte, die politischen Rahmenbedingungen und gestiegene Erwartungen der Verbraucher an gute und gesunde Ernährung erfordern ein Umdenken, meint der Geschäftsführer des NAN und gibt eine Prognose ab: »Wir müssen wieder mehr Interesse und Empathie für die Landwirtschaft wecken. Wir sind hier in Deutschland in einer absoluten Gunstregion. Wir haben gute Böden, ausreichend Niederschläge – wir werden auch noch in zehn, zwanzig Jahren nicht alles ökologisch erwirtschaften. Wir werden weiter auch, aber deutlich weniger chemische Pflanzenschutzmittel und stickstoffhaltige Düngemittel einsetzen, und wir werden neue Impulse aus Agrarforschung und -technik bekommen. Mit zunehmendem Ernährungsbewusstsein wird der Fleischkonsum weiter sinken, und pflanzliche Proteine werden auch für die Ernährung der Menschen bedeutsamer. So erleben eher vergessene Kulturen wie zum Beispiel die Erbse ein Comeback. Es wird sich etwas verändern auf unseren Feldern. Mehr Vielfalt auf dem Acker – das wünschen wir uns nicht nur für die Landwirte, sondern auch für Natur und Verbraucher.«

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